Epitaphien und Gedenksteine in und um die Lentinger Pfarrkirche St. Nikolaus
von Wolfgang Jakob im Juni 2016
Unser Nachbarort Hepberg wurde erst 1947 Jahren eine eigene Pfarrei, vorher war die Gemeinde viele Jahrhunderte hindurch pfarrlich geteilt in einen östlich der Durchgangsstraße gelegenen Teil der Pfarrei Kösching und in den westlich dieser Straße gelegenen Teil, der zur Pfarrei Lenting gehörte. In den Matrikelbüchern der Pfarrei Lenting stehen deshalb auch viele Tauf-, Heirats- und Sterbe-Einträge von Hepberger Einwohnern. Auf das wiederholte Ersuchen der Hepberger, pfarrlich von einer einzigen Stelle aus versorgt zu werden, konnten oder wollten sich die Fürstbischöfe von Regensburg bzw. Eichstätt, zu deren Sprengel Kösching bzw. Lenting heute noch gehört, nicht einlassen, da dies eine territoriale Einbuße resp. Machtverlust bedeutet hätte. Schließlich gelangte die Hepberger Bitte nach Rom zum Vatikan und die dortige Behörde entschied 1926, dass der ganze Ort Hepberg zur Pfarrei Lenting geschlagen wird. Dies hatte natürlich zur Folge, dass die Lentinger Kirche die vermehrte Besucherzahl bei sonntäglichen Gottesdiensten nicht mehr fassen konnte, weswegen der Lentinger Pfarrer Guttenberger beim Bischof von Eichstätt um Erweiterung der Kirche bat, die nicht verweigert werden konnte, geschah doch alles auf Weisung des Vatikans.
Der mit dem Umbau beauftragte Architekt Haindl ließ die Seitenwände der Kirche entfernen und neue, jeweils etwa 3 m weit nach außen versetzt, wieder aufbauen. Damit das Dach mit bemalter Innen-Decke erhalten werden konnte, setzte er an die Stelle der alten Mauer viereckige Stützpfeiler. Auch die Rückwand wurde abgebrochen und der Raum mehr als 10 Meter nach hinten verlängert. Der Chor blieb weitgehend erhalten. Alles was an den Seitenmauern resp. Stützpfeilern heutzutage zu sehen ist, ist also in dieser Zeit dorthin gebracht worden. Die Umbaumaßnahme ging trotz fortlaufender Gottesdienste zügig voran und 1927 konnte die Kirche neu geweiht werden. Im Umfeld der Kirche wurde auch der Friedhof vergrößert und neu gestaltet; die heute sichtbare Stützmauer zum Pfarrhof hin und das Leichenhaus wurden direkt im Anschluss an die Erweiterung errichtet.
1.) Die Gedenktafel zur Kirchenerweiterung

Wer den Kirchenraum durch den Haupteingang betritt und sich nach rechts wendet, findet an der Rückwand eine 1×0,75 m große Steintafel, oben stark gerundet, in einer Mauernische, auf der in flacher Schrift aus Anlass der Kirchen-Erweiterung 1926/27 zu lesen ist:
Ehre sei dem Dreieinen – Die während des 30jährigen Krieges in Unterbrechung gebaute, unter Fürstbischof Marquard II durch seinen Weihbischof Wilhelm Ludwig am 22. Mai 1661 konsekrierte Kirche konnte nicht mehr genügen, nachdem im Frühjahr 1926 ganz Hepberg nach Lenting umgepfarrt worden war. Das Schiff der Kirche ist nach den Plänen von Fr. Haindl erweitert u. verlängert worden; zugleich wurde der Friedhof vergrößert und das Leichenhaus errichtet. Am 1.Juni 1927 erfolgte durch S.Excellenz H.H.Bischof Leo von Mergel die Konsekration dieses Gotteshauses. Im gleichen Jahre erstand das Schwesternhaus. Mit Gottes Hilfe ist 1931 die Errichtung der Expositur Hepberg gelungen. In dieser Zeit war Josef Guttenberger Pfarrer u. Marcus Lehmeier Bürgermeister in Lenting. – Eucharistischer Heiland, bleibe in dieser Pfarrgemeinde ! – Heiliger Nikolaus, bitte besonders für die Wohltäter des dir geweihten Heiligtums !

2.) Das Färber-Epitaph
Geht man im südlichen Seitenschiff nach vorne, findet man am 1.Stützpfeiler das etwa 1,3×0,8 m große Epitaph des ehemaligen Pfarrherrn von Lenting, Josef Anton Färber, hier tätig von 1766 bis 1791, von dem überliefert ist, dass er oft des Nachts die Kirche zum Beten aufsuchte. Da Pfarrer üblicherweise keine direkten Nachkommen haben, ist der Auftrag zu solchen Tafeln, was bildliche Darstellung und Text anbetrifft, meist noch zu Lebzeiten von ihm selbst in die Wege geleitet worden.
Hier / ruhet der Hochwürdig / und Hochgelehrte Herr Joseph / Anton Faerber, SS Theol: licent: / geweßter Pfarer allhier / welcher in / Gott selig verschieden den 13ten Maertz / 1791 im 55 ten Jahr seines Alters // Denckmaal / Wanderer, du hast geleßen / wer bey diesem Stein geweßen/ Vernehme auch: es war ein Mann /der nichts als Gutes hat gethann/ der volle vier und zwanzig Jahr/ ein Hirth von frommen Seelen war,/mit welchen er in Ewigkeit/ nun theilen wird die Himmels Freud
Im vorderen Bereich dieses Ganges ist rechts an der Außen-/Seitenwand das 1,1×0,85 m große, allseits bekannte Epitaph des Hofmarksherrn Friedrich von Grumbach nebst seiner von der Mutter Argula innigst geliebten, fast großjährigen Tochter Apollonia zu finden. Im Zentrum das behelmte Grumbach-Wappen: ein Mohr mit 3 Rosen, flankiert von einem Säulenpaar mit 2 stark herauskragendem Gesimsen, zwischen denen vier Wappen mit Namensgebung aus der Ahnenreihe der Eheleute zu sehen sind. Von links nach rechts:
1.Wappen: Grumbach (Franken; Hofmarksherrn in Lenting 1494-1560),
2.Wappen: Ellenbrunner (Hirschgeweih: Landrichter in Hirschberg, Hofmarksherrn 1378-1453, eine Ellenbrunner heiratet Johann Tanner),
3.Wappen: Tanner (springendes Reh, Hofmarksh. 1453-94, Elisabeth Tanner heiratet Konrad von Grumbach),
4.Wappen: Törring-Seebach (die Mutter der Argula, die einen Stauff aus Beratzhausen heiratete, war eine geborene Törring),
Unten die immer noch gut lesbare Inschrift:
Anno domini 1529 am sontag nach Michahelis starb der Edl und vest Friedrich / von und zu alten Burckh Grumbach und Lentting. Dar nach Jm 1539 starb die Edl / vnd tugenthafft Junckhfrau Apolania ain geborne von Grumbach und Lentting, so / allhie begraben ligen. Denen Seelen Gott genedig sein wölle. Amen.
Fast gegenüber des Grumbach-Epitaphs, an der 1 m hervorstehenden Chorwand das 1,2×0,77 m große, fast so alte Epitaph der ehemaligen Wirtsleute Kramer von Lenting.
Apocal.14[Offenbarung d.Joh:Kap14 Vers13] – Selig sein die Todten, die in dem Herrn sterben /Anno 1604 den 24 May ist in Gott / entschlaffen der ernhafft und fürnem / Andre(as) Khramer, Wirt allhie zu Lenting / seines Alters 60 Jar / dem Gott g(nädig sei) / Anno 16 – – den —– ist in / Gott verschiden die ehrn- und tugentsame / frau Margaretha Mairin / Ires Alters —- Jar, sein ehliche hausfrau, der / und allen gläubigen Gott g(nädig sein wolle)
Unter dem vielzeiligen Text sind zwei Wappen in Nähe jeweils eines Kopfes des Ehepaares zu sehen. Darunter links: der Ehemann, vor ihm zwei Knaben, einer mit + über dem Kopf, was bedeutet, dass er schon verstorben ist, rechts die Ehefrau mit Blickrichtung zum Ehemann, davor ein Mädchen
Die Daten der Frau sind nicht eingemeißelt worden, was schließen lässt, dass der Gedenkstein kurz nach dem Tod von Andreas Kramer (1604) errichtet wurde. Seine Ehefrau Margaretha verstarb erst 1627, was wir aus einer Epitaphinschrift der Ingolstädter Franziskanerkirche wissen – das Epitaph selbst ist nicht erhalten.
1627 Epitaph-Inschrift für Margaretha Kramer:
„Der ehrn- und tugendhaften frauen Margaretha Gramerin des Andrae Gramers wirdts zu Lending hausfrauen. Anno 1627 in gott verschiden, hat zu einem angedenckhe Anna Schuesterin von Gaimershaimb ihr tochter dies Epitaphium machen lassen.“
Quelle: Steiniger Christine: Die Inschriften der Stadt Ingolstadt, S. 534: Stifterinschrift der Anna Schuster, geb. Cramer, für ihre Mutter Margarethe. Ehemals im Friedhof. Text nach Clm 1533 p.382
Wenn man die Kirche an dieser Seite nach vorne zu verlässt, kommt man in einen kleinen Vorraum, in dem auf der kircheninneren Seite das fast zur selben Zeit entstandene, 1,5×1,2 m große Epitaph des Pfarrers Georg Mair, Pfarrer in Lenting 1561-1615 zu sehen ist. Das Epitaph ist stark verwittert, zeigt oben das eingemeißelte Kelch-Hostien-Motiv IHS im Strahlenkranz, das auf einen Pfarrer hinweist.
Im Zentrum eine Beweinung Christi: Zwei geflügelte Engel stützen Christus, zwei andere heben ihn bereits empor, links oben zeigt ein kleiner Engel den Siegeskranz, der rechte einen großen Pfeil. Im Hintergrund mittig eine Schrifttafel: ATTEN / DITE / ET / VIDE / TE [das heißt: Wachet und sehet ! ] Seitlich links ist eine kniende Priesterfigur zu sehen, überkopf mit demselben Wappen wie auf der Frauenseite des Kramer-Epitaphs, also der Familie Mair gehörig.
Vom Text ist wenig lesbar, weil verwittert (die rechte Hälfte ist ausgebrochen): M…. VENERA…………/ DOMIN GEORGIVS … ; auf der oberen Leiste des Textfeldes ist noch zu lesen: Anno 1615 –(siehe Foto). Somit sind also neben dem Inschriftwort Georgius das Wappen und die Jahreszahl 1615 sichere und eindeutige Belege für Pfarrer Georg Mair.
Anlässlich der Heirat des Kramer Andreas mit der Margaretha Mair wurde vom Pfarrer Georg Mair ins Heiratsmatrikelbuch eingetragen (einseh- und nachlesbar im Diözesan-Archiv Eichstätt: Lenting Band 1,Heiraten, S.121): Item [= LXVI] [=1566] 13 Febr celebravit nuptias quibus benedixit D[omi]nus Vdalricus Groß barochus in Kösching Andreas Khramer hospes cum Margaretha filia Cunradi Mairs sorore mea was übersetzt heißt: Ebenso [im Jahr 1566] am 13. Februar feierte die Hochzeit, die Herr Ulrich Groß, Pfarrer von Kösching, segnete, der Wirt Andreas Khramer mit Margaretha, der Tochter des Konrad Mair, meiner Schwester [schreibt der Pfarrer von Lenting Georg Mair, der den Kollegen aus Kösching zu diesem Anlass hierher bat]
Gegenüber das viel kleinere und viel später entstandene, nicht mehr rechteckige, sondern barock geschwungene Epitaph (maximale Maße 85×50 cm) der M. Beatrix Babara Susanna Üblagger, zerbrochen zwar, aber gut zusammengefügt. Die schwer lesbare Inschrift lautet:
Hier / ligt Begraben / die WohlEdl und Gestrenge / Frau / Maria Beatrix Barbara Susanna / Üblaggerin gebohrne Mühlpaeuerin / Gewest Churfrt: real Land Schull / Instituts Verwalt[erin] und Graenz / Mauthnerin zu Höpberg / Welche den 7. Jaenner Anno 1772 / Abends zwischen 8. und 9. Uhr in / dem 25. Jahr Ihres Alters / in Gott s[e]l[ig] entschlaffen. / Sie ware [in] Ihren Lebszeiten / aufrichtig, ge…… und hatte …
Der kurfürstliche geheime Rat Max Nepomuk Anton von Stubenrauch, Hofmarksherr von Lenting, richtete 1771 mit Genehmigung des Herzogs im Hepberger Schloss das Landesrealschulinstitut ein, in dem er wohl nicht ganz uneigennützig herumlungernden Waisenkindern Arbeit und Unterricht erteilen ließ, die in München und überall in Bayern Diebstähle begingen – Mundraub sagt man heute, bevor man verhungert. Das Institut wurde die ersten Jahre vom Verwalter Üblagger geleitet, der später, möglicherweise durch den Tod der Ehefrau veranlasst, abgelöst wurde. Die Einrichtung zählte einmal 200 arme Kinder und 45 Züchtlinge, erwachsene Kleinkriminelle, die die für Kinder die nicht zumutbare, schwere Arbeit erledigten. 1777 waren es noch 85 Knaben und 77 Mädchen, ehe das Institut zwei Jahre später aufgelöst wurde.
7.) Das Ellenbrunner-Epitaph
Im Seitenausgang auf der hinteren, der Westseite ist ein 1,5×0,7 m großes Epitah eingemauert, auf dem von Schrift und Darstellung wenig erkennbar ist. Im Zentrum eine Palme, darunter zwei große Wappen, in allen vier Ecken kleinere Wappen, rechts der Seite entlang ein Stück Schrift. Es soll nach Untersuchungen von Dr. Lenhardt, Heimatpfleger von Kösching, das des Georg Ellenbrunner sein, der von 1418 bis 1453 Hofmarksherr von Lenting war. Da er 1460 starb, muss dieses Denkmal aus dieser Zeit stammen, es ist damit das älteste Epitaph der Lentinger Kirche. Vormals in den Kirchenboden eingelassen wurde es 1927 hierher versetzt, was die abgetretene Oberfläche belegt.
Zwischen Leichenhalle und Kirche steht an der nördlichen Begrenzung des Friedhofs ein kleines Kapellchen, in dem heute links und rechts die Ehrentafeln der Lentinger Pfarrherrn aufgehängt sind. Die Namen und Daten dürften von einer Zusammenstellung in den Pfarrmatrikeln stammen, die als Einlage („Series parochorum“ im Band 2, am Buchende, Blatt I-XV, im Diözesan-Archiv Eichstätt gelagert) von damaligen Pfarrern ab 1551 bis 1933 geführt wurde.
Auf diesen Tafeln werden insgesamt 38 Lentinger Pfarrer mit ihrer Amtszeit aufgeführt, und zwar von Mayr Georg 1561-1615 bis einschließlich Köbl Georg 1990-2004. Auf der hier abgebildeten Mitteltafel steht unter dem Hirtenbild der Leitspruch:
„Gedenket eurer ++ Seelenhirten!
die schon seit 1300 eure Voreltern zum Guten Hirten führten“
Im südöstlichen Eckbereich des Friedhofs, an der südlichen Stützmauer ist in die Umfriedungsmauer eingelassen die 1,1×0,6 m große Gedenktafel des Pfarrers Lipold – er selber schrieb sich in den Pfarrmatrikeln immer Liepold – , der von 1880 bis 1884 hier Pfarrer war:
Gedenktafel des / Hochwürdigen H. / Max Joseph Lipold / geb z. Gaimersheim / am17.März 1819; z. / Priester geweiht / am 20 August 1845 / gestorben zu Lenting / am 16. Dezemb. 1884 / R.I.P / Getreuer Diner, geh ein / in die Freude deines Herrn //
10.) Das Kinder-Epitaph
Nicht übersehen werden soll – und damit komme ich zum Ende meiner Auflistung – ein kleiner Steinblock vom Format 60×42 cm, oben gerundet, an der Turmseite der Kirche auf der Sakristei-Terasse, in dem sich der damalige Baumeister anlässlich des Todes seiner kleinen Tochter verewigte:
Denkmal / dem lieben Kinde / Maria Mayer / geb. den 10.März 1877 / gest. den 29. Mai 1882 / Gott will dich unter Engeln sehen / uns bleibt der Trost das Wiedersehen / J. Mayer Maurermeister / v. hier //